Liebesgespräche mit der Angst

Die Einsamkeit alias Angst also frägt: „Wie soll das gehen? Wenn jeder nur das täte, was er wirklich wollte? Wohin soll das führen?“

Das Einverstandensein alias Liebe antwortet: „Wir wollen es einmal so entschieden formulieren: Einverstandensein findet statt als das Ergebnis einer freien Wahl oder sie findet nicht statt!“

„Aha, aber wenn wir jedem sagen“, spricht die Einsamkeit, „daß er die freie Wahl hat, dann gleitet uns doch alles aus der Hand!“

Das Einverstandensein antwortet: „Was dir aus der Hand gleitet ist das, was sich noch nie in dieser Hand befunden hat.“

Die Angst: „Du sprichst in Rätseln!“

Und das Einverstandensein sagt: „Auch damit läßt sich gut einverstanden sein!“

„Ja aber“, sagt die Angst, „jeden Tag sind doch Millionen von Geschäftsleuten einverstanden.“

Das Einverstandensein antwortet: „Was meinst du, sagen sie einverstanden oder sind sie einverstanden, wenn sie ein Geschäft machen? Was meinst du? Sagen sie einverstanden oder sind sie wirklich einverstanden, wenn sie ihre Pflicht tun? Einverstandensein bleibt und ist und wird sein das Ergebnis einer freien Wahl  -  oder es wird nicht sein  -  es sei denn es ist nicht so.“

„Und was ist mit all den Menschen“, fragt die Angst, „die doch deutlich gesagt haben, daß sie einverstanden sind?

„Wenn sie das womit sie doch einverstanden waren erledigen müssen, dann erledigen sie es, wie ein Jäger seine Beute, nicht wahr? Das nennen die Menschen gerne: meine Pflicht tun. Wer das, womit er einverstanden zu sein scheint als Mühe, als Last empfindet, der ist einem schlechten Imitat von Einverstandensein aufgesessen. Einem Imitat, das der Verstand sich wie ein Banknotenfälscher immer perfekter zu machen bemüht. Einverstandensein meint also nicht eine gespielte, liberale Toleranz, die keine Gelegenheit gibt das zu fühlen, womit man vorgeblich mit Worten einverstanden ist.

Die Einsamkeit alias Angst fragt: „Ja und was ist mit denen, die immer zu allem ja und amen sagen? Die sind doch auch einverstanden!“

Das Einverstandensein alias Liebe antwortet: „Sie sagen ja und amen. Aber wie sind sie dabei? Wer zu allem ja und amen sagt, der ist entweder ein großer Meister oder ein ziemlich hoffnungsloser, verletzter Mensch, nicht wahr? Aber um es zu wiederholen: Das Einverstandensein findet im Fühlen statt! Und wer vorschnell einverstanden ist, damit er dem anderen ja als tolerant begegnet, dann aber die Mühen und Kosten scheut, die er auf sich nimmt, um seine Pflicht zu tun, der kann dabei unglücklich werden!“

Es handelt sich also hierbei immer wieder um einen Dialog, um ein Gespräch zwischen dem Einverstandensein und der Einsamkeit. Und die Einsamkeit vertritt die Angst. Es also sind: Liebesgespräche mit der Angst.